Chancen und Grenzen: Was KI in der Verwaltung wirklich leisten kann
Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt in der öffentlichen Verwaltung zunehmend an Bedeutung. Angesichts steigender Anforderungen durch den demografischen Wandel und die Digitalisierung suchen Behörden nach effizienten Wegen, um ihre Prozesse zukunftsfähig zu gestalten.
Doch der Weg zum erfolgreichen Einsatz von KI in der Verwaltung ist komplex. Rechtliche Rahmenbedingungen, technische Hürden und ethische Fragen erfordern ein umsichtiges Vorgehen. Dieser Beitrag beleuchtet die Chancen und Herausforderungen von KI in der Verwaltung und bietet praxisnahe Einblicke für Behörden, die die Vorteile von KI für sich nutzen wollen.
Die Grundlage für diesen Artikel bildet der Vortrag von Lars Hoppmann, Geschäftsführender Vorstand von VITAKO, der als Gast auf unserer Veranstaltung „KI in der Verwaltung“ zu finden auf kommune-digital-forum.de spannende Perspektiven teilte.
Lassen Sie uns gemeinsam die wesentlichen Erkenntnisse und Ansätze betrachten.

Warum KI in der Verwaltung?
Die öffentliche Verwaltung befindet sich an einem Wendepunkt. Während sich die Bevölkerungsstruktur rapide verändert, steigen gleichzeitig die Anforderungen an Effizienz und Servicequalität. Künstliche Intelligenz kann hier entscheidende Unterstützung leisten, um die Herausforderungen zu meistern und neue Chancen zu eröffnen.
Demografischer Wandel: Effizienzsteigerung durch Automatisierung
Die Zahlen sprechen für sich: Deutschland verliert jährlich hunderttausende Erwerbstätige, die durch den Eintritt in den Ruhestand aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Die Verwaltungen stehen damit vor der Aufgabe, immer komplexere Prozesse mit immer weniger Personal zu bewältigen. Hier setzt KI an.
KI-Systeme können Routinetätigkeiten wie die Bearbeitung von Standardanträgen, die Datenpflege oder die Erstellung von Berichten übernehmen. So bleibt mehr Zeit für strategische Aufgaben und die direkte Interaktion mit den Bürgerinnen und Bürgern. Gerade in Bereichen wie dem Jugendamt, in denen der Bedarf an akribischer Aktenführung hoch ist, kann KI entlastend wirken.
Gesellschaftliche Erwartungen: Transparenz und Digitalisierung
Gleichzeitig erwarten die Bürgerinnen und Bürger heute ein hohes Maß an Serviceorientierung und Transparenz. Digitale Dienstleistungen sind nicht mehr Kür, sondern Pflicht. KI unterstützt die Verwaltung dabei, Bürgeranfragen schneller und präziser zu beantworten und Daten effizienter zu verarbeiten.
Ein Beispiel: Mit KI-gestützten Textgenerierungssystemen lassen sich amtliche Schreiben in Sekundenschnelle erstellen. Statt Minuten oder gar Stunden für die Beantwortung zu benötigen, können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf komplexere Anfragen konzentrieren. Das steigert nicht nur die Effizienz, sondern auch die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger.
Durch den Einsatz von KI kann die öffentliche Verwaltung also nicht nur ihre eigenen Prozesse optimieren, sondern auch ihr Verhältnis zur Gesellschaft auf eine neue, zukunftsweisende Basis stellen.

Rechtliche und Governance-Aspekte
Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung eröffnet viele Möglichkeiten, bringt aber auch große Verantwortung mit sich. Rechtliche Rahmenbedingungen und klar definierte Governance-Strukturen sind entscheidend, um einen sicheren und verantwortungsvollen Einsatz dieser Technologien zu gewährleisten.
AI Act der EU: Anforderungen und risikobasierte Ansätze
Der von der Europäischen Union verabschiedete AI Act bildet die Grundlage für den rechtlichen Umgang mit KI. Er verfolgt einen risikobasierten Ansatz, der KI-Systeme nach ihrem Gefährdungspotenzial für Bürgerinnen und Bürger klassifiziert. Anwendungen mit geringem Risiko, wie KI-gestützte Übersetzungstools, erfordern weniger Regulierung, während Hochrisikosysteme, wie Algorithmen zur Kreditvergabe, strengen Auflagen unterliegen.
Für die öffentliche Verwaltung bedeutet das Jede neue KI-Anwendung muss sorgfältig auf die Einhaltung rechtlicher und ethischer Standards geprüft werden. Der AI Act schafft hier nicht nur klare Vorgaben, sondern sorgt auch für einheitliche Rahmenbedingungen innerhalb der EU.

Hochrisiko-KI-Systeme: Umgang mit sensiblen Daten
Die Verwaltung arbeitet oft mit personenbezogenen oder besonders schützenswerten Daten, etwa im Gesundheitswesen oder im Jugendamt. Solche Anwendungen fallen fast immer in die Kategorie der Hochrisiko-KI-Systeme. Hier müssen Maßnahmen wie Datenschutz, Informationssicherheit und Qualitätssicherung oberste Priorität haben.
Ein Beispiel verdeutlicht die Tragweite: In Jugendämtern könnten KI-Systeme Akten zusammenfassen und so die Arbeit von Sachbearbeitern erleichtern. Doch der Umgang mit diesen sensiblen Daten erfordert höchste Sicherheitsstandards. Unzureichende Anonymisierung oder unsichere Systeme können gravierende Folgen haben.
Governance-Struktur: Überwachung auf EU- und nationaler Ebene
Die Überwachung und Umsetzung des AI Acts erfolgt auf mehreren Ebenen. Auf europäischer Ebene wird ein „AI Office“ eingerichtet, das Standards definiert und koordinierende Aufgaben übernimmt. Gleichzeitig sind die Mitgliedsstaaten aufgefordert, nationale Marktüberwachungsbehörden und Anlaufstellen für Fragen zur Verfügung zu stellen.
Dies ist für die Kommunen in Deutschland von besonderer Bedeutung. Lars Hoppmann betonte in seinem Vortrag, dass der Zugang zu zentralen Reallaboren sowie klare Vorgaben für die Praxis wesentliche Bausteine sind, um den Einsatz von KI sicher und effizient zu gestalten.
Rechtliche und organisatorische Grundlagen für KI schaffen Vertrauen und stellen sicher, dass der Einsatz dieser Technologien nicht nur innovativ, sondern auch verantwortungsvoll erfolgt.
Technologische Anwendungsmöglichkeiten
Künstliche Intelligenz entfaltet ihr Potenzial vor allem dann, wenn sie konkret auf die Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung zugeschnitten ist. Durch den Einsatz moderner Technologien können Arbeitsabläufe optimiert und Ressourcen effizienter genutzt werden. Einige der folgenden Anwendungsfälle zeigen, wie KI bereits heute erfolgreich eingesetzt wird.
Use Cases in der Praxis
Textzusammenfassungen und Dokumentenmanagement
Die Verwaltung arbeitet oft mit umfangreichen Dokumenten und Akten, die bearbeitet und geprüft werden müssen. Hier setzt KI an, indem sie relevante Inhalte automatisch zusammenfasst. Insbesondere bei der Weiterleitung von Jugendamtsakten kann ein solches System zu einer enormen Zeitersparnis und Entlastung führen. So können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker auf das Wesentliche konzentrieren.
Expertenmodi und Chatbot-Integration
KI-gestützte Chatbots und Expertenmodi helfen dabei, komplexe Informationen für Mitarbeitende und Bürgerinnen und Bürger zugänglich zu machen. Ein Beispiel hierfür ist die automatische Beantwortung von Bürgeranfragen in klarer und fehlerfreier Sprache. Solche Systeme sind nicht nur effizient, sondern auch praktisch, um die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bevölkerung zu verbessern.
Projekte wie „LLMo“: Lokale KI-Lösungen
Ein herausragendes Beispiel für den Einsatz von KI in Kommunen ist das in Hamburg entwickelte Projekt „LLMo“ (Large Language Model optimized). Es zeigt, wie KI in spezifischen Anwendungsfällen wie Textgenerierung oder Recherche gezielt unterstützen kann. So können Mitarbeitende beispielsweise standardisierte Briefe oder Kurzberichte mit wenigen Klicks erstellen, was den Arbeitsaufwand deutlich reduziert.
Besonders spannend ist der „Expertenmodus“ des Systems, der es ermöglicht, tiefer gehende Informationen bereitzustellen. Die Bedienung bleibt dabei intuitiv, so dass die Vorteile auch ohne technische Vorkenntnisse genutzt werden können.

Bedeutung von Standards: Qualitätssicherung und Zertifikationen
Für den erfolgreichen und sicheren Einsatz von KI-Systemen in der Verwaltung sind verbindliche Standards unerlässlich. Einheitliche Zertifizierungen sorgen dafür, dass die Qualität der Systeme überprüfbar ist und sich die Verwaltungen auf die Zuverlässigkeit der Werkzeuge verlassen können.
Lars Hoppmann betonte, dass die Schaffung solcher Standards auch die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen erleichtert. Statt für jede Kommune individuelle Lösungen zu entwickeln, können erprobte Modelle flächendeckend eingesetzt werden.
Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten von KI in der Verwaltung sind. Dabei sind nicht nur technologische Innovationen gefragt, sondern auch ein klarer Fokus auf Sicherheit und Praktikabilität.
Herausforderungen bei der Implementierung
Der Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung bringt neben Chancen auch Herausforderungen mit sich. Um diese zu meistern, ist ein überlegtes Vorgehen erforderlich. Mit einer positiven Einstellung und klaren Strategien lassen sich viele Hindernisse nicht nur überwinden, sondern sogar in Vorteile umwandeln.
Datenschutz und Sicherheit
Verwaltungen arbeiten mit hochsensiblen Daten - von personenbezogenen Informationen bis hin zu vertraulichen Akten. Gerade in der Jugendhilfe ist der Schutz solcher Daten essentiell. KI-Systeme müssen daher so gestaltet sein, dass sie diese Daten sicher verarbeiten und Risiken minimieren.
Die gute Nachricht: Es gibt bereits robuste technische und organisatorische Lösungen, die den hohen Anforderungen gerecht werden. Durch Verschlüsselung, Anonymisierung und strenge Kontrollmechanismen kann KI sicher eingesetzt werden. Gleichzeitig wird kontinuierlich an neuen Standards gearbeitet, die den Schutz weiter erhöhen.
Ressourcenbedarf
KI-Systeme sind leistungsfähig, aber oft auch ressourcenintensiv. Sie benötigen große Rechenkapazitäten und können einen erheblichen Energieverbrauch verursachen. Aber auch hier gibt es positive Entwicklungen.
Immer mehr Anbieter setzen auf energieeffiziente Technologien und optimierte Modelle, die den Verbrauch deutlich senken. Für Verwaltungen bedeutet das Intelligent eingesetzte KI-Lösungen können sowohl umweltfreundlich als auch wirtschaftlich sein. Es kommt darauf an, die Systeme so auszuwählen und zu betreiben, dass sie genau zu den jeweiligen Anforderungen passen.
Heterogene Infrastruktur
Die technische Ausstattung in den deutschen Kommunen ist oft sehr unterschiedlich. Während einige Verwaltungen bereits gut aufgestellt sind, fehlen andernorts die notwendigen Grundlagen. Dies mag auf den ersten Blick als Hemmnis erscheinen, bietet aber auch Chancen.
Durch zentrale Lösungen wie Reallabore oder KI-Plattformen können auch kleinere Kommunen Zugang zu modernen Technologien erhalten. Projekte wie „LLMo“ zeigen, dass Kooperationen zwischen Städten, Gemeinden und IT-Dienstleistern helfen, Ressourcen effizient zu nutzen und Synergien zu schaffen.
Gemeinsam Hürden überwinden
Mit einem klaren Fokus auf Sicherheit, Nachhaltigkeit und Kooperation können die Herausforderungen bei der Implementierung von KI gemeistert werden. Es braucht den Mut, neue Wege zu gehen und die Bereitschaft, voneinander zu lernen. So können Verwaltungen nicht nur Hindernisse überwinden, sondern auch die Vorteile von KI voll ausschöpfen.
Zukunftsausblick und Handlungsempfehlungen
Die Integration von KI in die öffentliche Verwaltung bietet ein enormes Potenzial, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Verwaltungen die Technologie nicht nur einsetzen, sondern auch nachhaltig und praxisorientiert gestalten. Mit klaren Maßnahmen und langfristigen Strategien können die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt werden.
Förderung von KI-Reallaboren zur praxisnahen Erprobung
KI-Reallabore sind ein wichtiger Baustein, um Technologien unter realen Bedingungen zu testen und weiterzuentwickeln. Sie bieten Verwaltungen die Möglichkeit, Anwendungen auszuprobieren, Risiken abzuschätzen und praktische Erfahrungen zu sammeln, bevor Systeme flächendeckend eingeführt werden.
Davon profitieren insbesondere kleinere Kommunen, die nur begrenzte eigene Ressourcen bereitstellen können. Lars Hoppmann betonte in seinem Vortrag, wie wichtig es ist, diese Reallabore zugänglich und ihre Ergebnisse für alle Kommunen nutzbar zu machen.
Aufbau zentraler Wissensplattformen und Beratungsstellen
Die erfolgreiche Implementierung von KI erfordert Wissen und Expertise. Eine zentrale Plattform mit Best Practices, Leitfäden und rechtlichen Hinweisen kann den Verwaltungen helfen, sicher und effizient vorzugehen.
Darüber hinaus sollten Beratungsstellen eingerichtet werden, die als Anlaufstelle für spezifische Fragen dienen. Hier könnten Kommunen nicht nur technische Unterstützung, sondern auch Hilfe bei rechtlichen und ethischen Fragen erhalten.
Langfristige Standards und Schulungen für Mitarbeitende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg jeder KI-gestützten Verwaltung. Damit sie die Technologie sinnvoll einsetzen können, braucht es klare Standards und gezielte Schulungen.
Einheitliche Zertifizierungen und Richtlinien helfen, Vertrauen in die neuen Systeme zu schaffen. Gleichzeitig sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig geschult werden, um einen sicheren und effektiven Umgang mit KI zu gewährleisten. Das stärkt nicht nur ihre Kompetenz, sondern auch die Akzeptanz der neuen Technologien.
Fazit
Künstliche Intelligenz bietet der öffentlichen Verwaltung zahlreiche Möglichkeiten, effizienter zu arbeiten, den Anforderungen des demografischen Wandels zu begegnen und den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei in einer durchdachten Umsetzung: Rechtliche Rahmenbedingungen, nachhaltige Technologien und die enge Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind entscheidend, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen.
Die vorgestellten Ansätze – von praxisnahen Reallaboren über zentrale Wissensplattformen bis hin zu standardisierten Schulungen – zeigen, wie Verwaltungen Schritt für Schritt einen sicheren und effektiven Einsatz von KI realisieren können.
Wenn Sie tiefer in die Details und inspirierenden Beispiele aus der Praxis eintauchen möchten, empfehlen wir Ihnen, die vollständigen Vorträge der Veranstaltung „KI in der Verwaltung“ auf der Website des Kommune Digital Forums anzusehen. Dort finden Sie umfassende Einblicke und weitere spannende Perspektiven, die Ihnen helfen können, KI in Ihrer Verwaltung erfolgreich einzusetzen.
Eine weitere Informationsquelle ist der Leitfaden "Generative KI in der Kommunalverwaltung", der unter folgendem Link heruntergeladen werden kann:

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